Meine Erfahrungen mit der chronischen Entzündung meiner Gelenke

 Im Laufe des Herbstes 1994 begannen meine Knie anzuschwellen und waren fiebrig warm. Oberhalb der Knie setzten sich die Schwellungen fort. Der Rheumatologe erklärte mir, dass der Körper auf die Entzündungshitze in den Kniegelenken reagieren würde, indem er Ödeme bilden und durch diese Wassereinlagerung versuchen würde zu kühlen. Drückte ich mit dem Finger leicht auf ein Ödem, blieb der Abdruck noch Minuten danach sichtbar.

Strecken und Beugen wurde für mich immer mühseliger und schmerzhafter. Ich brauchte weite Kleidung, die einfach anzuziehen sein musste. Meine Haut wurde trocken und spröde, das Zahnfleisch blutete fast täglich.

So lange ich in Bewegung war, hielten sich die körperlichen Einschränkungen noch in Grenzen. Schnelligkeit und Beweglichkeit ersetzte ich durch vorausschauende Planung, effektive Arbeit, längere Arbeitszeit und viel Kreativität. Obwohl ich am liebsten immer alles gleich selbst erledigte, begann ich, mehr Tätigkeiten an andere abzugeben und wurde genügsamer in meinen Ansprüchen an Äußerlichkeiten. So konnte ich Haushalt und Geschäft unter einen Hut bekommen.

Auch während des Winters 1994/95 schritt die rheumatoide Arthritis weiter fort.

Nach Ruhephasen, z. B. nach längerem Sitzen, fühlte ich mich wie eingerostet und konnte mich dann ganz schlecht bewegen: Nur mit Mühe konnte ich aus dem Sitzen aufstehen, nur ganz langsame, tappende Schrittchen machen, ein Abrollen der Fußsohlen war unmöglich und auch an Treppensteigen nicht zu denken. Um aus diesem Zeitlupentempo herauszukommen, brauchte ich fünf bis zehn Minuten Bewegung.

Mein Rheuma hielt ich für Sache des Arztes und der Medizin. Ich fühlte mich darin hilflos und vertraute darauf, dass der Rheumatologe sein Bestes tun würde. Sicherlich wäre meine Erkrankung ohne die Medikamente, die er mir verschrieb, unerträglich. Mit einer stillen Erschütterung und Verzweiflung lief ich durch mein Leben.

Ich sah und spürte meinen kranken Körper und hatte nicht wirklich einen Plan, warum mir das alles passierte.

So kümmerte ich mich um die Bereiche, um die ich mich zu kümmern gewohnt war und in denen ich mich kompetent fühlte.

Anfangs hatte ich versucht, mit Familie, Freunden und Bekannten über mein Rheuma zu sprechen. Aber Funktionalität gehörte für mein damaliges Umfeld unbedingt zur gewünschten Attraktivität der Menschen, mit denen man umgehen wollte. Klare Verletzungen wie etwa ein Beinbruch waren gut einzuordnen und verständlich. Ein “Rheuma”, das sich ihnen an Schwellungen; Verkrümmungen; vorsichtigen, ungelenken Bewegungen oder einem müden, vom Schmerz gezeichneten Gesicht zeigte, machte sie hilflos. Um nicht ausgegrenzt zu werden, war es für mich besser, nicht über das Rheuma zu reden. Lediglich meine Eltern und meine Großmutter wichen dem Thema nicht aus. Sie trösteten mich mit ihrer Anteilnahme und holten mich immer wieder aus meiner Einsamkeit. Die liebevolle Berührung durch eine sachte und kühle Hand auf meinen heißen, dicken Gelenken tat mir sehr gut.

Während des Schlafens traten nun regelmäßig Schmerzen meist wechselweise in Fingern, Händen, Handgelenken, Unterarmen, Ellenbogen, Schultern, Beinen, Knien, Füßen und Zehen auf.

Tagsüber empfand ich nach der Morgensteifigkeit meiner Gelenke mäßige Schmerzen in Armen und Beinen neben Entzündungsschüben mit stärkeren Schmerzen. So lange ich in Bewegung war, hatte ich vor allem Schmerzen beim Tragen von zu schweren Dingen.

Zusätzlich bekam ich nun ein „Mondgesicht“ – aufgedunsen und daher rundlicher – verursacht durch die Einnahme von Cortison.

Meine Finger krümmten sich stetig weiter zum Handinnern hin. In den ersten acht Wochen meiner Erkrankung ließen sie sich noch mit Anstrengung strecken oder zu einer Faust schließen. Das ging nun nicht mehr. Auch brachen mit der Zeit die feinen Härchen auf meinen Finger- und Handrücken. Bald darauf waren sie ganz abgerubbelt, weil ich feine Berührungen auf meiner Haut nicht mehr spürte und deshalb mit etwas mehr Intensität als nötig an Dingen entlangfuhr.

Später überwies mich der Rheumatologe zum Röntgen von Händen und Füßen. Zum Röntgentermin waren meine Finger bereits schüsselförmig nach innen gebogen. Ich sollte sie gerade auf die Unterlage legen, war aber nicht einmal mit Gewalt dazu in der Lage, sie auf die schwarze Platte herunterzudrücken.

Zu dem Rheumatologen konnte ich mich „flüchten“, wenn meine Schmerzen und Beschwerden überhandnahmen. Es war tröstlich zu hören, dass der Arzt das, was ich beschrieb, schon längst gut zu kennen schien und auch das entsprechend benötigte Medikament. „Endlich sieht außer meinen nächsten Angehörigen mal einer meine Not“, dachte ich. Denn dadurch, dass ich Rheuma hatte, erhielt ich eine gewisse Anerkennung, die mich als Mensch aufzuwerten schien und empfand den subjektiven Krankheitsgewinn zunächst als angenehm.

Aber das ist doch eigentlich falsch, überlegte ich mir. Ich selbst bin wichtig. Und wenn Anerkennung, dann bitte für mich selbst und meine Leistungen. Ich wollte keine Aufwertung meiner selbst durch eine Krankheit. Ich wollte nicht mehr der brave Patient sein, dessen Aufgabe darin bestand, sein Leiden tapfer zu tragen. Schließlich war ja Heilung mein Ziel und nicht die Anerkennung durch einen Rheumatologen und dessen Team.

Zunehmend musste ich mit stärkeren Bewegungseinschränkungen zurechtkommen: Es war mir kaum noch möglich, etwas zu drehen oder zu schrauben. Drehknäufe an Türen und Flaschen/Gläsern bewegte ich mit speziellen Hilfsmitteln. So wurde die Drehbewegung in eine Hebelbewegung umgewandelt, die ich bewältigen konnte. Meine Hände erlebte ich zunehmend als kraftlos.

Des Öfteren entglitten mir Dinge, weil sich meine Finger nicht genau genug um sie schließen konnten (z. B. um eine Flasche). Ich konnte die Hundeleine nicht festhalten, wenn sie plötzlich ruckte, dabei hatte der Hund die Größe einer normalen Hauskatze.

Mit der Zeit musste ich immer gewitzigter darin werden, Dinge anders als bisher gewohnt zu handhaben. Eine Flasche beispielsweise kippte ich zum Aufnehmen und Tragen leicht an, schob eine Hand darunter, drückte sie mit der anderen Hand an mich und hob sie erst dann hoch. Das Ende der Hundeleine befestigte ich vorsichtshalber zusätzlich an meinem Gürtel. Auch die Handhabung von Besteck, Scheren, Schlüsseln usw. war schwierig und schmerzhaft bis gar nicht möglich. Mit Ideen ging manches noch irgendwie, dauerte aber ein Mehrfaches der üblichen Zeit.

Beim Laufen fühlte es sich so an, als steckten meine Knie in dickem, zähen Teig, dazu kam ein stechender Schmerz unter den Kniescheiben. Zum „Erklimmen“ von Treppen brauchte ich beide Hände und Arme frei, um Halt am Geländer zu finden und schwang mich aus der Hüfte heraus Stufe um Stufe vorwärts. Dafür benötigte ich meist fast die ganze Breite der jeweiligen Treppenstufe für mich allein; war froh, wenn gerade keiner kam und hatte oft Angst, hintenüber zu fallen. Die vier Treppen zu Hause mit je 7 Stufen dauerten so eine ganze Weile. Mit Beinen, die sich kaum im Knie beugen ließen, war Treppen abwärts zu laufen genau so schwierig. Dabei hatte ich ständig Angst, nach vorn zu kippen, denn treppab ging es meist etwas schneller, als ich wollte. Ich konnte das Aufsetzen meiner Füße auf der jeweils unteren Treppenstufe nicht abfedern. Meine Füße und Beine stauchten bei jedem Schritt schmerzhaft auf.

Der Weg vom Bett ins Bad nach dem Erwachen dauerte eine Viertelstunde auf Händen und Knien. Ich brauchte bis zu ca. einer Stunde, um Hände, Füße und Knie wenigstens wieder eingeschränkt bewegen zu können.

Was herunterfiel, blieb liegen, bis es ein anderer aufheben kam.

Das Heben von Dingen und meines kleinen Kindes erledigte ich nicht mehr mit den krummen und kraftlosen Fingern und schmerzenden Händen und Handgelenken, sondern indem ich die Arme darum schlang und zu mir nach oben zog.

Ich vermied es tunlichst, mich hinzuknien. Erstens tat das weh und zweitens konnte ich nur mühevoll ohne Hilfe wieder aufstehen. Das Hochziehen war schwierig, da ich meine Hände dazu nicht gebrauchen konnte. Ich konnte mich nicht mehr festhalten, brauchte Gegenstände, um oder auf die ich meine Arme legen konnte, um mich dann nach oben zu stemmen.

Insgesamt gab es nur noch wenige schmerzfreie Zeiten. Der Großteil des Tages wurde immer mehr von Krankheit und Krankheitsmanagement ausgefüllt.

Autofahren war für den täglichen Weg zur Arbeit ein Muss. Das Ein- und Aussteigen gestaltete sich langwierig. Ich ließ mich rücklings in den Sitz fallen und zog dann die schlecht beweglichen Beine nacheinander ins Auto. Das Fahren gelang mir immerhin, weil meine Gelenke glücklicherweise so weit funktionierten, dass ich Lenkrad und Pedale bedienen konnte.

Seitdem ich die vom Rheumatologen verordneten Medikamente einnahm, waren Übelkeit, Benommenheit und Kreislaufprobleme gewohnte Begleiter für mich. Auch mit den neuen Schmerzmitteln waren die Schmerzen nicht in den Griff zu bekommen. Die rheumatoide Arthritis/chronische Polyarthritis schritt rasch fort und griff Körper und Lebensqualität immer weiter an. Durch Recherche in einschlägiger medizinischer und populärwissenschaftlicher Literatur kam ich zu dem Ergebnis, dass Medikamente gegen Rheuma nur Symptome und nicht die Ursachen selbst bekämpften. Dies um den Preis vielfältiger und teilweise sehr einschneidender Nebenwirkungen. Selbst bei zeitweiser Symptomfreiheit durch medikamentöse Einstellung verkürzt sich oft die Lebenserwartung, las ich.

Mein Leben lief weiter mit Einschränkungen, Verkrümmungen der Finger und der teilweisen Taubheit der Haut, der Schmerzen und der Angst vor der nächsten Nacht und den Schmerzen beim nächsten Schub.

Selbst meine damals über achtzigjährige Großmutter war beweglicher als ich. Nie ließ sie sich anmerken, dass ihr das bewusst war, sondern gab mir Mut, heiterte mich wieder und wieder auf. Ohne Lamentieren und Jammern über meinen Zustand nahm sie mich genau so an, wie ich war. Sie hatte immer den Kern im Blick, nie die Hülle. Ich war zuallererst ihre Enkelin, das Rheuma machte trotz vieler Veränderungen nicht meine Person aus. Über meine Angst und Verzweiflung musste ich keine großen Worte machen, sie wusste einfach ganz natürlich darüber Bescheid und trug das Schwere meines Lebens genau so mit mir, wie wir uns gemeinsam am Schönen freuten. Durch sie blieb ich innerlich beweglich, dankbar und glücksfähig.

Am linken Fuß saß urplötzlich ein Rheumaknoten, genau unter der Schnalle meines Schuhs, als wäre er schon immer dort gewesen. Ich war froh, dass wenigstens der, wenn er auch störte, nicht auch noch schmerzte.

Meine Tage waren weiter ein stetiges Rheumamanagement, um Kind, Haushalt und Arbeit zu bewältigen, meine Nächte stille Zeiten voller Schmerz und Gedanken.

Ich schlief meist im Bett sitzend in die Zimmerecke gelehnt und hoffte, dass mein Körper deshalb weiter etwas eigenes Cortisol produzieren und die nächtlichen Schmerzen deshalb nicht ganz so stark sein würden. Meistens waren dann Finger oder Hände oder Handgelenke oder Unterarme von dem grässlich schmerzenden Reißen betroffen. Seltener zwei Stellen gleichzeitig. Dann lief ich, die schmerzende Region streichelnd und stützend, unablässig durch die halbdunkle Wohnung hin und her und sprach mir selbst eindringlich und stetig wiederholend Trost und Mut zu. Unter Tränen sagte ich mir immer wieder aufs Neue:

“Ich werde mich dem Rheuma nicht ergeben. Es gehört nicht zu mir. Ich werde es aus mir hinauswerfen.”

Üblich waren zu dieser Zeit ein bis zwei Schmerzattacken pro Nacht, die mich weckten. Die Schmerzen überstiegen meine bisherigen Vorstellungen von Schmerz bei Weitem. Brachte ich meinen Körper dann schnell in die Senkrechte, ebbten die Schmerzen innerhalb zweier Stunden ab. An Liegenbleiben und Weiterschlafen während der Schmerzattacken war keinesfalls zu denken.

Als ich eines Tages zu entkräftet und müde zum Autofahren war, setzte ich am selben Tag (im Juni 1996) alle Medikamente ab und beendete daraufhin die ärztliche Behandlung. (Seitdem bin ich nicht wieder mit Medikamenten gegen Rheuma in Berührung gekommen.) Die Verschlimmerung der Rheumatoidarthritis nahm zunächst weiter zu. Dafür klangen die Nebenwirkungen der Medikamente ab.

Aus meiner heutigen Sicht reagierte ich mit dem Abbruch der ärztlichen Behandlung naiv und ich rate eindringlich davon ab, die möglichen Folgen eines Behandlungsabbruchs zu riskieren.

Im Nachhinein wurde mir klar, dass ich mein HeilÜben auch während der konservativen Behandlung und Therapie hätte durchführen können.

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Manja und das HeilÜben-Team

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Wenn Sie mehr über meine Erfahrungen mit der Ausheilung meiner rheumatoiden Arthritis vor über 20 Jahren und das HeilÜben lesen möchten, finden Sie hier eine Übersicht:

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