Die Selbstmitleid- und Krankheitsgewinn-Falle

 Meine Zeit mit der rheumatoiden Arthritis brachte mir auch im sozialen und mentalen Bereich neue Erkenntnisse.

Kaum jemand will stigmatisiert werden. Auch nicht als psychosomatisch Erkrankter wegen einer rheumatoiden Arthritis. Ganz im Gegenteil – wir wollen gesellschaftlich anerkannt und ernst genommen werden.

Seelische Probleme und dabei auch solche, die sich merklicher als andere im Körperlichen widerspiegeln, bringen im Allgemeinen den Wenigsten gesellschaftliche Anerkennung ein.

Im Gegensatz dazu gilt eine “rein” körperliche, eine „echte“ Erkrankung, für die man ja „nichts kann“, als ernsthaft und seriös und die Frage, ob man damit selbst schuld an seiner Erkrankung oder gar als Mensch weniger wert wäre, wird von einem Großteil des sozialen Umfeldes dann nicht mehr gestellt. Geisteszustand und guter Wille des Betroffenen werden weitaus seltener angezweifelt. Er gilt als guter Patient, der sein Leid tapfer trägt. Schnell gibt es Anerkennung anderer Menschen für das eigene Leid und dafür, dass man sich mit der Krankheit in seinem Leben einrichtet. Man kann auch eine Aufwertung durch eine Gruppenzugehörigkeit zu anderen Betroffenen erlangen, die man bisher nicht in diesem Maße hatte.

Bekommt man durch seine Erkrankung mehr Bestätigung und mehr sozialen Anschluss als zuvor im Leben, stellt sie in dieser Hinsicht unter Umständen einen Gewinn dar.

Je weniger echter Selbstwert vorhanden ist, umso verlockender ist dieser zweifelhafte Gewinn, denn die ebenso angenehme wie trügerische soziale Bestätigung ist für das Selbstwertgefühl ein Lift nach oben. Das angenehme Gefühl hat man allerdings nur so lange wie diese Art sozialer Bestätigung erhalten bleibt.

Ich empfand den Gewinn aus meiner Erkrankung als vordergründig aufwertend. Es gab Aufmerksamkeit und Anerkennung von Arzt, Schwestern, Apothekern und ebenfalls von RA Betroffenen für mein Leben mit Schmerz und Entzündung, für meine Probleme und für meine Tapferkeit, für mein Leiden, für meine „Vernunft“ nicht zu klagen, meine Termine pünktlich einzuhalten, meine Medikamente regelmäßig einzunehmen, für meine Mitarbeit als folgsamer Patient. Für mich ergab sich daraus eine Rolle, die sich mir einerseits von außen anbot und die ich andererseits selbst bereitwillig innerlich einnahm, mit der ich mich identifizierte. Ich bemitleidete und schätzte mich selbst für mein Leid an sich und mein Leben damit.

Ist sie einmal gefunden, schneidet man sich diese Quelle der Befriedigung und des scheinbaren Selbstwertgefühls ganz natürlich nicht gern ab und beginnt automatisch, sie zu schützen. Denn existiert – wenn auch nur unterschwellig – das Gefühl davon, dass etwas hilfreich oder wohltuend war, wozu auch menschliche Aufmerksamkeit und Aufwertung gehören, richtet sich die innere Kompassnadel flugs danach aus.

Zugleich bestimmten die rheumatoide Arthritis und ihre Folgen mein Leben zunehmend durch Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, auf die ich mich damals nur so gut wie möglich einstellen konnte. Dabei laugte ich mehr aus, als ich mich erholen konnte. Ich gab überwiegend mehr Energie für den Krankheitszustand her, als ich für mich hereinholen konnte und lebte Tag für Tag erneut mit insgesamt weniger Energie, als ich eigentlich brauchte. Ich schaffte weniger, war schneller müde und brauchte meine Reserven auf.

Also versuchte ich, mich so gut wie möglich dagegen an zu pflegen und wandte alles Verfügbare an, was ich aus meiner Erfahrung schon als hilfreich kannte. Ich konsultierte Ärzte, nahm Medikamente, stellte meine Lebensweise um.

Die RA blieb aber trotzdem erhalten, nahm mir weiter beständig Kraft und ich versuchte immer weiter, mich jeden Tag erneut so gut wie eben möglich zu erholen und zu kräftigen, wobei es auch Tage mit Hilfen, schönen Erlebnissen und Erleichterungen gab. Jedoch konnte ich mich insgesamt gesehen zu wenig regenerieren.

Die RA war nur besser oder schlechter zu handhaben.

Mit der Verwaltung der Erkrankung kam ich nicht aus ihr heraus.

Ohne Ausheilung stopfte ich nur einige der Lücken, die von der chronisch entzündlichen Erkrankung beständig wieder bedingt wurden. Letztlich aber blieben die RA, der Kraftverlust durch sie und die eigenen Versuche, mit allem so umzugehen, dass ich meinen Tag überhaupt bewältigen konnte.

Diese RA-Tretmühle, das Missstandsmanagement, wird oft sehr schnell lebensbestimmend und führt weiter in die Gewöhnung an den Krankheitszustand hinein anstatt aus ihm heraus.

Zeit und Energie gehen verloren, während sie wieder und wieder für im Wesentlichen mehr vom Selben ausgegeben werden.

Ich begann, mich zu fragen:

Geht es anderen hier tatsächlich um mich selbst oder nur um mich als Kranke?

Bin ich wirklich selbst gemeint und werde auf meinem eigenen Weg geschätzt und befördert, auch wenn ich von der allgemeinen Meinung abweiche und meine eigenen Erfahrungen mache?

Ist mein Leben mit der Erkrankung nur Wasser auf die Mühlen anderer Menschen, die für sich selbst einen gewissen Nutzen aus meiner Situation ziehen?

Was habe ich von dieser oder jener meiner Verhaltensweisen, was bringen sie mir?

Brauche ich Selbstmitleid?

Habe ich Angst vor einer gesellschaftlichen Stigmatisierung als psychisch belastet und selbst schuld an meiner Erkrankung und blende deshalb aus, dass auch seelische Aspekte bei der Entstehung und/oder Aufrechterhaltung vieler körperlicher Erkrankungen ganz natürlich eine Rolle spielen?

Will ich gesünder, fitter und stärker werden oder nur Manager meiner persönlichen Missstände sein?

War da vielleicht noch etwas mehr, was ich eigentlich erreichen wollte, andere Ziele und Wünsche in meinem Leben? Etwas, das mehr war als nur das tägliche Ringen darum, sich auf dem jetzigen Stand zu erhalten? Wollte ich mich nicht weiterentwickeln, weitergehen, mehr aus mir machen und fitter, gesünder, erfolgreicher werden?

Wo in jedem einzelnen Tag war meine Zeit und meine Kraft dafür, mehr aus mir zu machen und meinen Alltag grundlegend zu verändern?

So geht es nicht weiter, sagte ich mir. Ich wollte unbedingt, dass sich etwas zum Besseren änderte, denn dieses Leben ist das einzige Leben, das ich habe. Ich wollte kräftiger sein, damit ich mir besser selbst helfen konnte. Was konnte ich anders machen? Hatte ich eine Wahl, meinen Zustand zu ändern?

Ich wollte keinen Gewinn aus meiner Krankheit mehr und mit Ideen dafür, wie ich mein Leben ohne ihn bewältigen konnte, wurde er auch unnötig für mich.

Ich brauchte eine echte Verbesserung meines gesundheitlichen Zustandes und keine Gefühlsduseleien und Ersatzbefriedigungen.

Deshalb begann ich mit dem, was mir schon oft dabei geholfen hatte, Herausforderungen zu meistern und beschrieb mir mein Problem erst einmal genau:

Für mein Rheuma bekam ich etwas, das ich für mich selbst, für meine Bedürfnisse, Wünsche, Ideen, Interessen, aber auch für meine Unsicherheiten, Ängste, meine Einsamkeit und meine Ratlosigkeit vermisste.

So stellte ich fest, dass ich mich innerlich an meiner Erkrankung festhielt, weil ich in Bezug auf echte Lösungen ratlos war.

Zudem war bereits das Eingeständnis an mich selbst, dass ich mal mehr, mal weniger anfällig für alles gewesen war, womit ich mich selbst noch zusätzlich an den eigentlichen Krankheitszustand gebunden hatte, nicht angenehm, aber hilfreich. Hilfreich, weil ich mich fragen konnte, was ich eigentlich wollte.

Ich lernte, wie sehr ich Zuwendung, Aufmerksamkeit, Wärme brauchte und dass genau diese zuvor weniger erkannten Bedürfnisse mich entgegen meines offensichtlichen Interesses an Heilung so stark gesteuert hatten.

Mein subjektiver Krankheitsgewinn bestand also ebenso aus Anerkennung durch andere als auch aus Selbstmitleid (auch selbsterhöhend: wie sehr ich leide, wie ich kämpfe, wie vernünftig ich bin, wie gut ich mit der Erkrankung zurechtkomme), was meine Identität und damit meine Herangehensweisen und Entscheidungen im Umgang mit der RA beeinflusste. Meist “klebte” eines buchstäblich am anderen und alles wurzelte in Schwierigkeiten, die ich ja auch tatsächlich hatte.

Zusammen mit dem Missstandsmanagement war mein subjektiver Krankheitsgewinn der Nährboden dafür, dass ich mich auf die Erkrankung eingerichtet und mich mit ihr arrangiert hatte, obwohl ich zugleich an ihr litt.

Deshalb hatte ich in meinen ersten Krankheitsmonaten ein unterschwelliges Interesse daran, an meinem Krankheitszustand festzuhalten, was mich in Bezug auf Ausheilungsbemühungen bremste, die bedeutet hätten, das Nest aus Aufwertung, (Selbst-)Mitleidswärme und Versorgung, die mir wegen der Krankheit, durch mich selbst wie auch von anderen zuteilwurde, verlassen zu müssen.

Zudem bietet ein solches Nest Gefühle von Sicherheit und Orientierung. Es aufzugeben bringt dagegen auch eigene Ängste und Befürchtungen stärker ins Bewusstsein. Will man eine solche Komfortzone aber dennoch verlassen, ist es wichtig, von diesen Befürchtungen und Ängsten mehr über sich selbst und seine Bedürfnisse zu lernen. Was auch dabei hilft, angstvolle Gedanken nicht zum Dreh- und Angelpunkt des eigenen Denkens werden zu lassen. Wir legen unser Leben mit ihnen nicht (mehr) in Ketten, lassen sie nicht unsere Gegenwart und Zukunft lenken und dabei so groß werden, dass wir nicht mehr über sie hinaus sehen können.

Um sich selbst besser kennenzulernen, beispielsweise bei der eigenen Nabelschau oder im Rahmen einer Psychotherapie, können auch Befürchtungen durchaus mit Gewinn bearbeitet werden. Im Alltag dürfen sie ruhig mal an die Seite gestellt werden, denn durch langes fruchtloses Nachgrübeln über den Krankheitszustand kann dieser genau damit ahnungslos verstärkt und durch die eigene übermäßige Beachtung übermächtig werden, wenn sie mehr Sorgen, Zweifel, Ratlosigkeit, Traurigkeit und Scham hervorruft. Diese sind als stete Begleiter einer Gesundung nicht sinnvoll, wenn wir uns mit ihnen nur im Kreis drehen, weil sie uns dann schwächen und somit unproduktiv sind. Dann bedeuten sie negativen Stress, durch den man nur eine Menge Energie verliert, anstatt mit dieser Energie Pflegendes, Schützendes und Stärkendes zu erreichen und seine Situation tatsächlich zu verbessern.

Also musste ich meine „Vorteile“ aus meiner Erkrankung aufgeben, um ich mich ernsthaft um meine Heilung kümmern zu können.

Denn solange ich Teil dieses Problems war, konnte ich es nicht verlassen. Es dauerte eine ganze lange Weile, bis ich diesem Zusammenhang auf die Schliche kam und mich so aus alten Denkmustern befreien konnte: Selbstmitleid und subjektiver Gewinn aus der Erkrankung verfingen seitdem nicht mehr bei mir. Sie werden oft als im Brustton der Überzeugung vorgebrachte Lebenslügen geschützt. Es ist wichtig, ihnen so lange es eben braucht, konsequente Absagen zu erteilen, bis man diese giftige Kröte ganz aus seinem Brunnen entfernt hat.

Meine Wünsche und Bedürfnisse nach Schmerzfreiheit, nach Beweglichkeit und danach, den entzündlichen Prozess mit seinen zerstörerischen Folgen gänzlich zu beenden, brachten mich aus meinem Selbstmitleid heraus.

Selbst wenn der überwiegende Teil der körperlichen Energie schon bei den allerwichtigsten Erledigungen draufging, hatte ich immer noch meine Gedanken, die mir beliebig viel Raum für Überlegungen und Planungen boten. Sie waren für mich eine Quelle für neuen Mut, für Kreativität und Motivation. Auch von hier aus konnte ich damit beginnen, mir mehr gute eigene Energie zu schaffen. Diesen Vorgang konnte ich immer weiter intensivieren. Mal ist er ein Selbstläufer, mal ist dafür mehr und absichtliches Hineindenken notwendig.

Ich überlegte, was mich zusätzlich kräftigen könnte.

Mir fiel zunächst nichts anderes ein als bisher, aber ich ließ meine Gedanken trotzdem weiter in diese Richtung gehen.

Bis ich mich eines Tages daran erinnerte, wie ich meinem Kind ganz sicher und natürlich Liebe und Geborgenheit vermittelte, es tröstete und stärkte, ihm Geschichten erzählte. Wie ich mir gemeinsam mit ihm Schönes ausdachte, plante, durchführte. Dinge, die uns beiden Freude machten. Für mein Kind konnte ich das damals zunächst weit besser als für mich selbst. Mein Kind spürt besonders durch mich, dass es gut und willkommen, richtig und wichtig ist. Es braucht ab und zu einen Mutmacher, einen Zuhörer, einen Freund und Beschützer, einen, der mit ihm auch in Schwierigem Hoffnung, Trost und einen Weg findet. Einen, der mit ihm gemeinsam durch alles geht, der mit ihm lacht, sich einfühlen kann und der bedingungslos für es da ist. Einen, der sich die Freiheit bewahrt, gute Dinge gut und falsche Dinge falsch zu nennen. Einen, bei dem man genau so sein darf, wie man eben ist. Mit allen Ecken und Kanten, mit allem Unfertigen, allem Unvollkommenen, mit Fehlern, Irrtümern und Schwächen. Beleidigungen, Herabwürdigungen und andere laute und offene Bösartigkeiten haben hier ebenso wie die leiseren und besser versteckten, die man oft nur im Bauchgefühl hat oder sich sogar selbst zufügt, keinen Zutritt.

Ich konnte auch mir selbst gegenüber achtsamer sein und damit mehr für mich selbst tun.

Ebenso gut können wir uns vorstellen, wie eine vertraute und uns in Achtsamkeit zugewandte Person mit uns umgehen würde und dieses Verhalten uns selbst gegenüber anwenden. Ich begann, aufmerksamer, respektvoller und auch wohlwollender mit mir selbst umzugehen und auf diese Weise auch bei Schwierigkeiten für mein Wohlergehen besser als bisher selbst zu sorgen.

Dabei lernte ich, schwächende Gefühle in stärkende umzuwandeln, ängstigende und traurige Gedanken ähnlich kleinen Geschichten absichtlich in ermutigende und frohe Gedanken und Emotionen übergehen zu lassen, um meiner Hoffnung mehr Raum zu geben und meine gesunde Zukunft zu planen. Selbst die Versuche dazu und auch Teilerfolge helfen bei so manchen Schwierigkeiten, Krisen, Missempfindungen und sogar Verletzungen, die das Leben mit sich bringen kann, beim Umgang mit eigenen Schwächen wie dem Gefühl, unzureichend zu sein.

Die Unterscheidung zwischen Selbstmitleid und Selbstliebe hilft dabei, nicht mehr emotionale Energie als unbedingt notwendig in den Krankheitszustand zu investieren.

Wir können es uns nicht leisten, sinnlos Energie zu verlieren, denn wir haben nicht unendlich viele Tage und Energie zur Verfügung und brauchen diese für uns selbst. Also warf ich meine innere Ausrichtung auf ein Leben mit dem persönlichen Missstand über Bord und machte mich innerlich unabhängiger.

Während meines Lebens mit rheumatoider Arthritis hatte ich so viel Schmerz kennengelernt, dass er mich nicht mehr so sehr wie vordem beeindruckte und erschreckte.

Den Krankheitszustand registrierte ich zunehmend nur noch sachlich, ganz egal, wie schlimm er war. Ich verweigerte ihm aber so viel weitere Energie wie nur möglich, indem ich immer weniger über ihn nachdachte, mich grämte oder ängstigte. So blieb mir mehr Energie für mich und damit auch für meine HeilÜbungen. Mein Wille zur Heilung brauchte Unterstützung. Auch diese.

Ich ging dann mit dem Schmerz um, wie wir uns auch bei Albträumen helfen können: Indem ich nicht mehr in wilder Hast vor dem, was mir Angst machte, davonrannte, sondern stehen blieb, mich umdrehte und ihm unerschrocken ins Auge sah.

Auch mit meinen absichtlichen Gedanken kann ich mich jeden Tag auf meine guten und stärkenden Ziele hinbewegen. Damit bin ich Gedanken und Stimmungen nicht ausgeliefert. Ich kann dafür sorgen, dass ich glücklicher, entspannter und mutiger bin. Gute Gedanken bessern die Laune, geben Energie. Aus ihnen entstehen Ideen, was ich heute Gutes für mich tun und was ich dabei zum Besseren verändern kann. All das ist dann unmittelbar genau so meine gesunde körperliche Wirklichkeit. Der Blick hebt sich, die Haltung wird aufrechter, das Atmen geht leichter.

Mit zunehmender Selbst-Achtsamkeit entzog ich der Überlastung weitere Grundlagen: Stress durch zu wenig Selbst-Verständnis, Stress durch zu wenig Respekt mir selbst gegenüber und Stress mit Mitmenschen. Nehme ich mich selbst besser wahr, kann ich mich auch in andere besser einfühlen.

Je besser ich mich um mich selbst kümmere, umso besser unterstütze ich meine gesunde geistig-körperlich-seelischen Wirklichkeit, auch bei der Ausheilung von Erkrankungen.

So war es auch bei meiner Ausheilung von überlastungsbedingter rheumatoider Arthritis. Umso weniger ungesunder, überlastender Zug und Druck, umso weniger Impulse ungesunder, überlastender Anspannung insgesamt auf meine Gelenke ausgeübt wurden, umso weniger traten Entzündung und Schmerz auf.

„Change the way you look at things and the things you look at will change.“

Wayne Dyer.

In allen Dingen gewinnen diejenigen Gedanken und Vorstellungen besonderen Einfluss auf unsere Gefühle und auf unser Handeln, die vor allen anderen am meisten Aufmerksamkeit von uns bekommen, die wir öfter und genauer vor unserem inneren Auge sehen und mit mehr Emotionen verbinden. Im Guten wie im Schlechten. Und das schon vom Aufwachen an bis in unseren Schlaf, in unsere Träume. Wir haben die Wahl.

Was passieren kann, wenn man sich in eine bestimmte Erkrankung hineindenkt und einfühlt, kann man auch am Beispiel nicht oder auch nicht mehr betroffener Menschen sehen, die sich mit einer Erkrankung intensiv gedanklich beschäftigen.

Medizinstudenten kann es beispielsweise beim Studium medizinischer Fachliteratur mit Fallbeispielen so ergehen, dass sie sich die beschriebenen Abläufe und die Symptomatik genau vorstellen und dabei wie jeder andere Mensch ernsthaft erkranken, wenn sie beginnend von ihrer Vorstellung einfache physio- und psychologische Mechanismen erfolgreich „tun“, also in ihre Verhaltensmuster übernehmen.

Auch ehemalig durch Anspannung Überlastete können sich aufgrund ihrer Erfahrungen gut an die Zeit mit innerem Stress zurückerinnern und sich spontan wieder in selbst einmal erlebte Empfindungen hineinversetzen. Im Unterschied zum Medizinstudenten oben kann man dann die Anspannung schon durch gezielte Entspannung aber genau so auch innerhalb weniger Minuten beenden. Das dauert unter Umständen einen Moment, wenn eine gewisse sorgenvolle Aufregung erst wieder erkannt und abgebaut werden muss. Die körperlichen Vorgänge werden bewusst. „Kommt jetzt alles wieder?“, gleich einem erschreckten Luftholen, wenn uns etwas Ängstigendes begegnet und dem befreiten Ausatmen, wenn die Gefahr vorüber ist.

Einer meiner ersten Gedanken beim Aufwachen an jedem Morgen gilt den Dingen, die ich heute tatsächlich tun kann. Jeder neue Tag bringt mir frische Energie, die genau an diesem Tag von mir verwendet werden kann. Auch als ich von den Entzündungsschmerzen der vergangenen Nacht mitgenommen war, bedeutete jeder neue Tag neue Hoffnung für mich.

An jedem Tag habe ich neue Energie, die ich genau an diesem Tag verwenden kann. Ich investiere die Energie in mich, wandle sie an jedem meiner Tage auch in Training und in Weiterentwicklung um. Damit fühlte ich mich selbst dann froher und hoffnungsvoller, als ich noch unter Schmerzen und Bewegungseinschränkungen litt. Grundsätzlich galt: Ich konnte mich meiner grauen Zellen gegen die überlastungsbedingte rheumatoide Arthritis bedienen und bekam daraus Freude, Entspannung und Mut.

Geben wir Energie in etwas, das uns nützt, bekommen wir Energie zurück. Diese wandeln wir wieder nutzbringend um. Je mehr Energie wir zurückbekommen, umso besser können wir uns fortlaufend aus uns selbst heraus stärken.

Auch während meines Ausstiegs aus der rheumatoiden Arthritis verwendete ich so oft ich konnte etwas von meiner täglichen Energie, um an meinen HeilÜbungen zu arbeiten. In der schlimmsten Phase der RA bezog ich Energie oft vor allem aus meinen Gedanken, denn körperlich war ich meist schon durch die Schmerzen der vorhergehenden Nacht entkräftet. So setzte ich mich anfangs einfach nur hin und dachte nach. In meiner Vorstellung hüllte ich mich dabei in eine wärmende und federleichte, weiche sonnengelbe Kuscheldecke ein. Das empfand ich als sehr tröstlich und mich selbst ebenso als tröstend und schützend. Ich konnte mir damit inmitten der Erkrankung etwas Gutes tun und empfand ganz sicher tief in mir:

Ich bin gut für mich. Ich habe die Wahl.

Ich richtete meine Gedanken liebevoll, sorgsam und freundlich auf mich selbst und spürte daran, dass ich für mich selbst wirksam bin. Auch mit meinen Gedanken kann ich erreichen, dass es mir besser geht. Ich achtete nicht weiter auf das, was ich nicht konnte oder versäumt hatte. Ich schaute mich auch nicht nach den zwei Jahren um, die ich im Hamsterrad aus Krankheit und Alltagsbewältigung verbracht hatte, sondern achtete auf das, was ich in diesem Moment tatsächlich verwenden konnte. Das zählt. Es geht nur um das, was zählt. Und: Es summiert sich, ist ein ständiges Plus, wenn wir es so nutzen. Gerade und obwohl es zu Beginn so scheinen kann, als ob kaum genügend Kraft dafür übrig wäre.

Das, was ich einmal für mich getan hatte, konnte ich jederzeit aus meiner Erfahrung immer wieder abrufen. Jedes noch so kleine, einzelne Bemühen und jeder Erfolg blieb mir in meiner Erfahrung erhalten. Sogar dann, wenn zwischendurch kleinere und größere Pausen beim HeilÜben durch Krankheitsleid, Erschöpfung, Ablenkungen, Zweifel und Ratlosigkeit lagen.

Pausen können für die gelingende seelische, geistige, körperliche Verarbeitung sogar unbedingt notwendig sein. Ich konnte in den HeilÜbungen jederzeit auf dem Trainingsstand einsteigen, an dem ich  unterbrochen hatte. Ich hatte einige Trainingsabbrüche und weiß daher, dass Neueinstiege die mentale Kraft herausfordern und dadurch auch bestens trainieren können. Sie sind ebenso wichtig wie die HeilÜbungen selbst.

Ich übte mit dem, was ich zur Verfügung hatte.

Liegt man buchstäblich auf den Knien, dann übt man von da aus.

Erst einmal angeschlagen, muss man härter trainieren als andere, hat es eine ganze Zeit schwerer als diese, denn man muss sich erst wieder auf Vordermann bringen und verliert vielleicht fast den Mut. Letztlich wurde ich auch stärker und beharrlicher als jene, die nicht durchhalten gelernt hatten.

Beim HeilÜben richtete ich meine Gedanken und Emotionen vermehrt auf meine Gesundheitswirklichkeit. Energieverlust (durch eine Erkrankung oder einen Konflikt) ließ sich spürbar verringern, wenn ich schwächendes Verharren in Sorgen und trüben Gedanken vom Beginn meines HeilÜbens an jedes Mal erneut in stärkende Gefühle (Glücksempfinden, Zuversicht, Mut) und Gedanken an Familie, Freunde, Erlebnisse und anderes mehr, das mir Freude bereitet, übergehen ließ.

In dem Maße, indem ich mir damit (auch bei intensivem Schmerz oder Verunsicherung) helfen konnte, hatte ich Einfluss auf mein Befinden.

Wir können unsere Atmung beruhigen und unseren Körper lockern und dadurch unsere Kräfte besser regenerieren.

Dabei schalten wir nicht ab, sondern arbeiten aktiv an unseren Zielen. Es geht nicht darum, allen unliebsamen Konfrontationen mit etwas Schmerzhaftem oder Verunsicherndem aus dem Wege zu gehen, sondern darum, inmitten unangenehmer Situationen Sicherheit und Stärke in uns immer wieder neu entstehen zu lassen, indem wir Ruhe und Lockerung einsetzen. Für Aufregung, Ängste und Unsicherheiten geben wir viel mehr Energie aus, als wir brauchen, wenn wir ruhiger und entspannter sind. Mit der Zeit werden wir darin geübter und erkennen auch die Situationen besser, die uns trotz alledem einfach nur ganz klar überfordern. Diese Situationen bedeuten keine Niederlagen und es ist in Ordnung, sich in solchen Momenten erst einmal zurückziehen, sich zu erholen, bis wir die Angelegenheit mit mehr Abstand betrachten können. Wir können allein von dem Level aus handeln und trainieren, auf dem wir aktuell sind und unsere Möglichkeiten von da aus erweitern.

Je besser uns das gelingt, umso mehr Energie bekommen wir dadurch.

Dafür brauchst du jede einzelne deiner auf Gesundheit und Zuversicht ausgerichteten Handlungen, jeden guten Gedanken und jedes hilfreiche Gefühl, sagte ich mir.

Jedes Einzelne davon war für mich ein Erfolg auf dem Weg zur Heilung, ob es für sich selbst wirkte oder in Verbindung mit anderem und brauchte deshalb meine Aufmerksamkeit beim HeilÜben. Ich fand heraus, wie mir etwas gelang und wie ich es noch verbessern konnte.

Je mehr wir trainieren, umso erfolgreicher werden wir. Das Vertrauen in unsere Fähigkeiten wächst. Unser erfolgreiches Handeln nimmt immer mehr Raum in unserem täglichen Leben ein.

In dem Maße, indem mein absichtsvolles gesundes Tun die Oberhand gewann, wandte ich für den Krankheitszustand immer weniger emotionale Aufmerksamkeit und damit immer weniger Energie auf.

Jedes Training fordert Aufmerksamkeit, Zeit und Energie. Je mehr mir die HeilÜbungen zur Gewohnheit wurden, umso schneller und einfacher wurden sie für mich. Dann gaben sie mir Energie zurück.

So konnte ich mein Leben mit mehr Energie als bisher auf Gesundheit ausrichten, anstatt auf die Erkrankung.

Vergleichen Sie Ihren Aufwand für Ihren Krankheitszustand mit Ihrem Aufwand für Ihre Gesundheit. Fragen Sie sich:

Wie viel Zeit, emotionale Aufmerksamkeit und Energie wende ich gerade jetzt für den Krankheitszustand auf?

Wie viel Zeit, emotionale Aufmerksamkeit und Energie investiere ich gerade jetzt in meine Gesundheit?

Habe ich ein Energieleck, an das meine Gedanken und Gefühle oft gebunden sind, ohne dass sich tatsächlich etwas ändert?

Empfinde ich Selbstmitleid?

Habe ich etwas davon, krank zu bleiben? Welches sind offensichtliche oder versteckte „Vorteile“?

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Wir freuen uns auf Sie!

Manja und das HeilÜben-Team

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Wenn Sie mehr über meine Erfahrungen mit der Ausheilung meiner rheumatoiden Arthritis vor über 20 Jahren und das HeilÜben lesen möchten, finden Sie hier eine Übersicht:

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