… Unser Gehirn formt und speichert zu allem, was uns begegnet, Abbilder von Sinnesempfindungen, unsere Sinneseindrücke.
Diese können Farben, Gerüche, Geschmäcke, Klänge, Materialbeschaffenheiten, aber auch Körperbewegungen und -haltungen sowie unsere Lage und Orientierung im Raum (als dies oder jenes passierte, stand ich rechts vom Sofa am Fenster und meine Tante saß mir gegenüber, hinter mir schlief die Katze auf ihrem Kissen) sein.
Jeder Sinneseindruck wird als Teil unserer Wahrnehmung durch vielfältige Verbindungen (Assoziationen) sowohl mit anderen Sinneseindrücken als auch mit deren (Be-)Wertungen in Form von Emotionen und Gefühlen anhand von Vorerfahrungen verbunden. So trägt jeder einzelne Sinneseindruck zu einem komplexeren Eindruck bei, der in unserem Gehirn abgespeichert wird, gleich einem riesigen inneren Archiv.
Ganz egal, wie bewusst wir uns gerade über unsere Sinneseindrücke sind, beeinflussen sie immer unsere absichtsvollen Entscheidungen und Handlungen sowie alle spontanen Reaktionen.
Ganz abstrakt wissen wir: In uns funktioniert all das neuronal, biochemisch und in Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche.
Für mich stellte sich während der Erkrankung an RA die Frage, wie ich besser mit meinem Körper umgehen könnte, damit sich meine Gelenke nicht mehr entzünden.
Ich übte meine Körperhaltung, Bewegungsplanung und -ausführung über meine Sinneseindrücke aktiv zu verbessern.
Jeder unserer Sinneseindrücke lässt sich als Vorstellungsbild visualisieren.
Die Visualisierung nehmen wir bewusst wahr und können sie aktiv gestalten.
Für meine HeilÜbungen nutzte ich meinen Tastsinn und meine Tiefensensibilität und formte hilfreiche Vorstellungsbilder, über die ich Erinnerungen an positive Sinneseindrücke hervorrief.
Diese führten zu guten körperlichen Impulsen, die wiederum gute Reaktionen, konkret gute Sinneseindrücke hervorriefen.
Dabei lernte ich, wie groß der Einfluss von bildhafter Vorstellung auf die gesamte Lebensweise ist. Sie besteht aus unseren körperlichen Empfindungen, unseren Wahrnehmungen und deren (Be-)Wertung in Form von Emotionen, Gefühlen und Vorerfahrungen, die so komplex sind, dass man sie leicht als eins erleben kann. Fehlende Unterscheidung führt allerdings dazu, dass man sie auch für eines hält. Das ist dann ein Problem, wenn sie zu einem Wahrnehmungsbrei geworden sind, in dem man sich nicht mehr auskennt: Was setzt mich unter Druck? Was quält oder ängstigt mich, was vermisse ich eigentlich, warum bin ich nicht erfolgreicher, warum sind mir bestimmte Reaktionen meines Körpers fremd und warum habe ich keinen besseren Zugang zu mir selbst und anderen?
Während ich an rheumatoider Arthritis erkrankt war, konnte ich mich nur eingeschränkt und zumeist unter Schmerzen bewegen. Ich lebte mit der Summe meiner Wahrnehmungen, die Elemente (beispielsweise Emotionen) oder größere Zusammenhänge (beispielsweise die Zuordnung von Gefühlen und Emotionen zu meinen körperlichen Empfindungen und Reaktionen) enthielt, mit denen ich mich in Hinsicht auf Ursachen und Lösungsmöglichkeiten für mein gesundheitliches Problem schlecht bis gar nicht auskannte und orientieren konnte. Ich bekam so lange nicht heraus, woher meine Schmerzen und Entzündungen rührten, bis ich damit begann, die Teile meines Wahrnehmungsgefüges, das ich langsam auch als solches begriff, bewusst besser kennenzulernen und einzelne Dinge besser miteinander in Zusammenhang zu bringen.
Heute kann ich auf genau demselben Wege in meinem ganz normalen Alltag mehr Verständnis für mich selbst erreichen und dadurch schädigende, überlastende Anspannung in mir rechtzeitig verhindern.
Ich unterschied beim HeilÜben also:
→ einzelne Sinneseindrücke: Das ist blau.
→ Wahrnehmungen, die komplexer sind als ein einzelner Sinneseindruck, weil sie sich aus vielen verschiedenen Sinneseindrücken aus dem Körperinneren und von außen, aus der Umwelt, die man tasten, sehen, hören, schmecken und riechen und auch räumlich erfassen kann, zusammensetzen: Das ist ein kühles, frisches, glänzendes Blau. Es wirkt flächig und glatt auf mich, aber ohne besondere Tiefe.
→ (Be-)Wertungen meiner Wahrnehmungen
- in Form von Emotionen und Gefühlen: Ich mag dieses Blau. Ich fühle mich damit ausgeglichen und habe gute Laune.
……….anhand von
- Vorerfahrungen: Als Wandfarbe ist es zu intensiv gewesen, aber die Vorhänge von Tante Helga sehen in diesem Blau gut aus und gefallen auch meiner Mutter.
und machte mir Zusammenhänge bewusst.
Dazu betrachtete ich Elemente meiner Sinneseindrücke, meiner Wahrnehmung und deren Bewertung beim HeilÜben einmal einzeln, um sie nachher bewusst und absichtlich wieder in Zusammenhang zu bringen.
So fielen mir Möglichkeiten zur Selbsterklärung und Selbsthilfe in meinem Alltag schneller auf und ich konnte sie besser nutzen.
Als Nächstes sah ich mir an, welche Fähigkeiten (im Sinne von Anlagen) ich im Einzelnen besitze, wie ich bisher mit ihnen umgegangen bin und wie ich aus ihnen meine praktisch einsetzbaren Fertigkeiten entwickeln kann, indem ich diese trainiere. Ich erfuhr so mehr darüber, wie ich mein bisheriges Leben geführt hatte, und fand zugleich bessere und mehr Handlungsmöglichkeiten.
Beispielsweise können wir Missempfindungen wie Erwartungsdruck oder Angst bewusst und absichtlich durch Emotionen, Gefühle, durch bildhafte Vorstellungen, bewusste Konzentration, gezielte Übungen für Körperhaltung und -bewegung oder durch Kombinationen daraus senken.
Unsere Wahrnehmungen und (Be-)Wertungen werden in jeweils zu ihnen passenden Situationen blitzschnell hervorgeholt (zumeist unbewusst und automatisch), damit wir möglichst reibungslos leben können.
Sie beeinflussen unsere unmittelbaren Reaktionen und wiederum die weiteren (Be-)Wertungen dessen, was uns begegnet, selbst dann, wenn diese uns bremsen und behindern. Und das oft auch so, dass wir das überhaupt nicht bemerken.
Ein bekanntes Beispiel dafür: Stellen Sie sich die Frage, ob Sie erfolgreich aus dem Stand mit beiden Beinen zugleich auf eine Fußbank springen könnten, wenn Sie dabei ein deutliches Bild davon vor Augen haben, wie Sie sich dabei das Schienbein schmerzhaft stoßen. Und das selbst dann, wenn der Sprung an sich kein Problem darstellen würde. Im Alltagstrubel bleiben solche inneren Bilder (z. B. Kante auf Schienbein) meist unbemerkt, solange wir uns nicht bewusst dazu Gedanken machen.
Wie bestimmte sehr intensive Bilder ganz unbemerkt in uns entstanden sind und wie sehr sie uns beeindrucken, erleben wir deutlich, wenn wir etwa einen Albtraum haben, der uns vor allem in bildhafter Sprache von Dingen erzählt, die wir noch nicht ausreichend bewältigt haben. Dabei beinhalten manche Träume eher konkrete Bilder, andere wiederum eher abstrakte Bilder, die als Gleichnisse für unsere Empfindungen stehen. Und erst später wird einem klar: Genau so empfinde ich Abwehr vor Menschen, die mich angreifen und herabwerten, vor dem aggressiven Nachbarn, meiner kaltherzigen Schwiegermutter.
Wenn wir unsere Betroffenheit über den Alptraum überwunden haben, können wir über den Sinn des Alptraums nachdenken und bildhafte Vorstellungen bewusst einsetzen.
Wir können uns genau vorstellen, wie es sein wird, vor dem Schrecken im Albtraum nicht mehr in wilder Hast davonzulaufen, sondern uns umzudrehen und ihm furchtlos ins Auge zu blicken. Diese Strategie lässt sich schon von Kindern erfolgreich mitten im Albtraum anwenden. Der Schrecken wird weniger und Bedrohliches handzahm, dieser Albtraum wiederholt sich nicht mehr.
Je weniger wir davon wissen, wie innere Bilder in uns entstehen, nach denen wir uns automatisch ausrichten, desto mehr hängen wir an unbewussten Fäden. Und das mehr, als es nötig wäre. Auch wenn unser Unbewusstes den weitaus größeren Anteil an der Entstehung innerer Bilder hat, weil wir es nicht schaffen, permanent über alles gleich und im Detail nachzudenken, so können wir doch lernen, bewusster als bisher einzugreifen. Das verschafft uns die Chance, eine bessere Kenntnis über Bilder, die uns so bestimmen, zu erreichen. Wir können lernen, innere Bilder absichtlich und bewusst zu formen und jene, die uns kränken, ängstigen, die Glück und Erfolg behindern, auch nachdem sie auf uns eingewirkt haben, abzumildern.
Unsere Vorstellungsbilder begleiten uns in allen Aspekten unseres Lebens und haben so einen wesentlichen Anteil daran, wie wir neue Erlebnisse und Eindrücke bewerten. Dabei streben wir automatisch nach Harmonie, nach Passung unserer Eindrücke zueinander. Je besser uns das gelingt, desto mehr haben wir das Gefühl, uns und unsere Welt erkennen und uns rational erklären zu können. Dadurch entstehen gute Gefühle von Orientierung, Sicherheit und Stabilität; wir haben ein Vertrauen darein, dass wir etwas für uns tun und uns selbst helfen können. Könnten wir das nicht, stünde unsere Alltagsbewältigung auf dem Spiel. Die Auseinandersetzung mit Herausforderungen, die an uns selbst, unseren Erkenntnissen und Meinungen rütteln, ihnen entgegenlaufen oder sie infrage stellen, fällt uns dann schwer, wenn wir dabei mehr Unsicherheit fühlen, als uns Lösungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
Es ist eine Frage des Überlebens, so gut wie möglich für die eigene Sicherheit zu sorgen.
Ebenso ist es eine Frage des Überlebens, sich mit Neuem und Ungewohntem auseinandersetzen zu können.
Die innere Kompassnadel immer wieder auf ein Leben mit beidem auszurichten ist eine Frage von Chancen, Lebenskunst und Balance.
Manche empfinden diese Fragen als sich eher ausschließend und andere als sich natürlich auseinander ergebend.
Im Alltag steuern wir uns sowieso ständig, indem wir uns, egal ob bewusst oder unbewusst, im Guten wie im Schlechten auch körperlich nach unseren Gedanken, Vorstellungen, Emotionen, unseren Körperhaltungen und -bewegungen richten.Es ist uns möglich, sie absichtlich und bewusst einzusetzen und zu verbessern. Und das auch, indem wir dazu selbst gewählte oder geformte Vorstellungsbilder einsetzen und sie so zunehmend fühlbar zu unserer körperlichen Realität werden lassen. Konsequent eingesetzt und mit anderen Fertigkeiten kombiniert, setzen sie sich durch.
Ziele können wir absichtlich durch ein besonders motivierendes Vorstellungsbild symbolisieren, das uns im Alltag daran erinnert und auch in schweren Zeiten hilft.
Machen wir uns nun absichtlich ein genaueres, besseres, positiveres Bild von uns selbst und unseren Zielen, kann das ungünstigen Überzeugungen, die wir bewusst oder unbewusst von uns selbst haben, entgegenstehen und sich deshalb zuerst ungewohnt oder unrealistisch anfühlen.
Eine Gedächtnistechnik zu erlernen ist eine uns selbst stärkende Fertigkeit. Mit ihr fördern wir unsere Kreativität, unsere Merkfähigkeit und unterstützen so die Übernahme von Gelerntem in die Gewohnheit. Neue Inhalte können wir uns damit auch unter der Dusche, beim Einkaufen, beim Sport, beim Kochen usw. ins Gedächtnis rufen. Je mehr Übung wir darin erlangen, umso leichter und besser gelingt uns das. Deshalb habe ich einige grundlegende, allgemeine Elemente der Mnemotechnik in meine HeilÜbungen aufgenommen.
Können wir absichtlich und bewusst mehr gute, förderliche und kraftvolle innere Bilder von uns selbst formen, wirkt sich das positiv auf unsere Selbstsicht aus. Die Mnemotechnik war mir eine große Hilfe dabei, belastende innere Überzeugungen durch neuere, ermutigendere und hilfreichere Vorstellungsbilder abzulösen.
Belastende Selbstüberzeugungen sind mit einschneidenden Erlebnissen verbunden und schleichend zu einem üblen Gesamtpaket gewachsen, das nun viele verschiedene Ursachen hat. Es ist schwierig, diese vielen Ursachen einzeln herauszufinden. Besonders dann, wenn man sich gar nicht mehr an alle erinnern kann. Gute Vorstellungsbilder halfen mir beim Abbau belastender Selbstüberzeugungen, indem sie mir Vergleichsmöglichkeiten (Was fühlt sich besser an? Womit kann ich mehr aus mir und meinem Leben machen?) und Möglichkeiten zur Veränderung, zum Umdenken boten. Auf diese Weise lenkte ich meine Aufmerksamkeit auf das, was ich sein und erreichen wollte.
Während meiner Erkrankung an RA wechselte ich so von der gedanklichen Ausrichtung auf die Krankheit zu der gedanklichen Ausrichtung auf Gesundheit.
Unsere Gedanken sind unmittelbar und untrennbar mit unserer körperlichen Realität verbunden. Sie sind Impulse zur Bewegungsplanung und -ausführung, zu Spannung, Entspannung und auch zu überlastender Anspannung.
Ängste und Sorgen oder eine Erkrankung treten im Denken und Empfinden oft deutlicher hervor als unsere Vorstellung von dem, wie wir sein und leben wollen. Entsprechende Signale erhält unser Körper von unseren Vorstellungen, Gedanken, Emotionen, von unseren körperlichen Empfindungen, unserer Körperhaltung und Bewegung.
Beim HeilÜben üben wir uns darin, allseitig bessere Signale an unseren Körper zu senden. Egal, wie viel das anfangs ausmacht und egal wie klein sich unsere ersten Schritte verglichen mit unseren Zielen ausnehmen, so kommt doch mit jedem Tag mehr dazu.
Im Level 1 Teil 1 meines HeilÜbens schaute ich mir dazu einige meiner Ziele genau an. Zu ihnen formte ich besonders motivierende Vorstellungsbilder und verband diese absichtlich mit mehr Wohlgefühl, mit entspannterer Körperbewegung und -haltung, mit meinen Sinneseindrücken (z. B. über meinen Tastsinn: Das ist glatt. oder über meine Tiefensensibilität: Ich bin etwa eine Armlänge von der Wand zu meiner Linken entfernt.), meinen Gefühlen und Emotionen.
Für jede meiner Kompetenzen legte ich ein passendes Bild fest, das diese für mich am besten repräsentierte und in das ich mich am besten hineindenken konnte. Mit der Mnemotechnik speicherte ich diese Bilder in meinem Gedächtnis in einer festgelegten Reihenfolge ab. So kann ich mich auch unter Stress und Ablenkung immer an sie erinnern und mich in allen Alltagssituationen darin üben, wie ich mich gesünder bewegen und aus starren Haltungen schneller wieder herausfinden kann. Meine genaue Vorgehensweise bildet das HeilÜben Level 1 Teil 1.
Die Beschäftigung mit Vorstellungsbildern ruft in unserem Gedächtnis spontan auch das auf, was wir mit ihnen verbinden – das sind unsere Assoziationen. Wir können uns dabei auf alles einlassen, was uns in den Sinn kommt – genauso, wie es uns in den Sinn kommt (meditativ) oder wir richten unsere Vorstellungen bewusst und absichtlich auf ganz bestimmte Inhalte aus (kontemplativ) und orientieren uns damit themenbezogen. So können wir uns für bestimmte Vorstellungsbilder mit ganz bestimmten Verbindungen entscheiden, die wir klar ein- und begrenzen. Unsere Auswahlmöglichkeit entspricht dabei dem momentanen Trainingsstand unserer Fähigkeiten.
Ein Beispiel für den bewussten Umgang mit einem Vorstellungsbild: Nehmen wir an, dass ich mir in einer Übung einen sehr schönen Glasteller bildlich vorstellen möchte, damit ich mich mit seiner Hilfe an etwas Wichtiges erinnern kann. Ich sehe also diesen Glasteller vor meinem inneren Auge und erinnere mich spontan an meine Kinderzeit. Ein solcher Teller aus dem Erbe von Oma stand bei uns mit Süßigkeiten gefüllt in der Wohnstube. Und schwupps bin ich mit meinen Gedanken beispielsweise bei den Süßigkeiten oder in der Wohnstube aus der Kinderzeit oder bei meiner Oma oder… In solchen Fällen schneller gedanklicher Ausflüge kehrte ich zurück zum Üben, machte mir den Einstieg in die aktuelle Übung erneut bewusst.
Das war ein angenehmes Beispiel aus meiner eigenen Erinnerung. Wir sind jedoch durch so viele Einflüsse oft mit negativen, bösartigen, hässlichen, kränkenden, ängstigenden, verunsichernden einzelnen Bildern bis ganzen Geschichten, die mal unterschwellig und mal offensichtlich sind, aus unserer Umwelt konfrontiert, dass es eine Kunst an sich ist, damit gelingend umzugehen und sich seine eigenen förderlichen Vorstellungsbilder zu schaffen. Je öfter wir das ausprobieren, umso besser klappt es auch. Jeder kann sein Bestmögliches für sich tun. Meisterschaft ist hier immer nach oben offen. Es geht nicht um das Haschen nach Idealen oder den Vergleich mit anderen.
Wenn ich eine Übung bewusst verändern wollte, weil sich in der Zwischenzeit neue Erkenntnisse – beispielsweise zu mir selbst – eingestellt hatten, reichte es aus, die entsprechende Übung inhaltlich anzupassen und wieder in gewohnter Vorgehensweise zu trainieren, bis sie von allein ablief.
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